Ironie & Schicksal
Malerei, Grafik, Objekte von Andreas Klose, Steffen Mertens, Rainer Sperl und Dieter Zimmermann
3. Februar - 28. März 2007
Ernstes Leben, heitere Kunst
"Ironie und Schicksal" in der Galerie Packschuppen im Museumsdorf
ARNO NEUMANN Märkische Allgemeine Zeitung, 5.2.2007
GLASHÜTTE Schneller und aktueller geht es wahrhaftig nicht. Kaum war die mühselig ausgehandelte Gesundheitsreform unter heftigen Geburtswehen parlamentarisch auf den Weg gebracht, schon lagen wenige Stunden danach die ersten Ergebnisse vor. Nicht im Fernsehen oder im Internet, auch nicht im Blätterwald der Printmedien, nein, zusehen waren sie in der Glashütter Galerie Packschuppen auf Bildern, die so modern nicht waren, dafür aber aktuell.
Lucas Cranach der Ältere, hochgeschätzter Maler und Grafiker des 16. Jahrhunderts in dem nicht allzu fernen Wittenberg, zeigt auf einem Holzschnitt einen kostengünstigen chirurgischen Eingriff im Naturheilverfahren. Steffen Mertens vergrößerte und kopierte Cranachs Holzschnitt, eine Szene aus den Martern der Heiligen, und gab seiner Arbeit den Titel "Die Reform greift". Das ist bitterböse Ironie, wohl wissend, dass man dem Schicksal, wie schmerzhaft oder gnädig es sich auch zeigen wird, nicht entgehen kann. So heißt die Ausstellung in der Galerie Packschuppen sinngemäß "Ironie und Schicksal".
Vier Künstler, deren Werk schon immer die Welt ironisch-kritisch hinterfragte, haben sich hier zusammengefunden. Steffen Mertens; ausgebildet an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und an der Fachschule für Werbung und Gestaltung, lässt sich von den Künsten inspirieren. Von den Holzschnitten Lucas Cranachs war schon die Rede,die er vergrößert kopiert und dabei sowohl den altmeisterlichen Duktus trifft als auch gleichzeitig seine persönliche Handschrift zum Tragen bringt. Eine besondere künstlerische Aura gibt er diesen seinen Arbeiten, indem er sie aufblockt und so einen Rahmen schafft, der das Bild im wahrsten Sinne des Wortes aus der Umgebung heraushebt.
Steffen Mertens bildnerische Interpretationen der Wortspiele des experimentellen Lyrikers Ernst Jandl sind schlichtweg kongenial. Da wird nicht illustriert, sondern da werden der bildenden Kunst gemäße, eigenständige Formen voll lächelnder Ironie geschaffen.
Wie freundlich Ironie sein kann, beweist der auf Burg Giebichenstein studierte Spreewälder Dieter Zimmermann mit seinen Wimmelbildern, herausragend dabei das farbig wie kompositorisch brillante Spreewaldpanorama mit dem kryptischen Titel "Auf der Suche nach Asta Nielsen" - sie hat tatsächlich 'mal im Spreewald gespielt.Zimmermanns mächtig-prächtige "Europa" in ihrer Fülle lässt selbst den zum Raub bereiten Stier bedenklich zögern. Die Ironie kommt auf leisen Sohlen.
Geradezu seriös wirken die auf den ersten Blick ganz auf die Wirkung der künstlerischen Mittel orientierten Malereien des Cottbuser Theater-Werbegrafikers Andreas Klose, der hier in der von Gabriele Klose geführten Galerie sein Heimspiel hat. Der Kopf der literarischen, von Christian Morgenstern, dem hintersinnigen Spieler der Worte und Verse, geschaffenen Figur des Herrn Korf ist zu allererst ein gut gemachtes, vor allem farbig beeindruckendes Porträt, bevor der Text im Titel greift.
Mit geistreich ironisch-witzigen Figuren ist der Potsdamer Galerist Rainer Sperl vertreten. Nicht nur der szenische Einfall, sondern die Details verblüffen, seien es die jeden Zahntechniker begeisternde Prothese beim "Hund von Baskerville" - ganz abgesehen vom gütig strahlenden Mond - oder der "Goldene Finger" mit verwirrenderSpurensuche.
Wie erfreulich ist es doch, heiter entspannt durch eine Kunstausstellung zu gehen, ohne auf kritischen Geist und künstlerischen Anspruch verzichten zu müssen.